Hauptmenü FIRETALK Banner | | Großbrand bei Firma Neuman in Marktl Der Tag des gössten Industriebrandes der jüngeren Geschichte
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Die beiden betroffenen Werke, die Neuman Aluminium Austria GmbH - sie erzeugt
Alu-Schmalbänder, aus denen Wärmetauscherrohre und verschiedene Stanzteile
erzeugt werden und Aluminiumbutzen, die das Vormaterial für Dosen und Tuben
sind, beschäftigt ca. 240 Mitarbeiter im 3- bzw. 4-Schichtbetrieb an diesem
Standort. Das zweite Unternehmen die Neuman Aluminium Strangpresswerk GmbH
beschäftigt ca. 150 Mitarbeiter im 4-Schichtbetrieb. Beide Unternehmen gehören
zur Tubex Firmengruppe (D).
Der 1. April 2003:
Als die Arbeiter nach der Pause so gegen 09.20
Uhr wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehrten, bemerkten Sie, dass im Bereich
des Glühofens in der Walzwerk-Wärmebehandlung zu einem Brand gekommen war. Neben
ersten Löschversuchen der Mitarbeiter wurde über Druckknopfmelder und Notruf um
09.32 Uhr die Betriebsfeuerwehr alarmiert. Die Bezirksalarmzentrale in St.
Pölten, die den Notruf entgegen nahm alarmierte darüber hinaus noch die
Feuerwehren Lilienfeld und Schrambach mit der Durchsage: "Brand am Palettenplatz
Strangpresswerk bei Firma Neuman in Marktl" Die Betriebsfeuerwehr rückte
daraufhin mit 3 Einsatzfahrzeugen und 14 Mann zum Einsatzort aus. Bei der
Erkundung durch den Einsatzleiter Hauptbrandinspektor Ing. Johann Winkler
stellte sich heraus, dass die vorhandenen sowie bereits alarmierten Kräfte
keinesfalls zur Bekämpfung der mittlerweilen meterhohen Flammen ausreichten,
woraufhin sofort eine umfangreiche Nachalarmierung in die Wege geleitet
wurde.
meterhohe
Flammen schlagen aus den Hallen
Die
aufsteigende Rauchsäule war auch im fast 30 km entfernten St. Pölten noch zu
erkennen.
Zur besseren Brandbekämpfung wurden auch die
beiden Drehleitern der FF St. Pölten-Stadt, der Hubsteiger der FF Hainfeld und
der mit einem TLF 3000 kombinierte Hubsteiger der FF St. Pölten-Wagram zum
Einsatz in Marktl alarmiert.
TLF 3000
mit 18m-Hubsteiger der FF St. Pölten-Wagram im Einsatz
Auf
der Rückseite des Gebäudes versuchten die Arbeiter einen brennenden
Palettenstapel mit Hubstaplern zu zerteilen und mittels Wasser aus den
Wandhydranten des Firmennetzes zu löschen. Die ersten Maßnahmen der Feuerwehren
konzentrierten sich darauf, ein Übergreifen des Brandes auf den nächsten
Brandabschnitt in Richtung Strangpresswerk zu verhindern. Aufgrund der
unmittelbaren Nähe zur Brandausbruchstelle konnte dieses Vorhaben jedoch nicht
vollständig umgesetzt werden und ein ca. 890 m² großer Teil des
Strangpresswerkes wurde ebenso ein Raub der Flammen. Durch den massiven Einsatz
der Feuerwehren an dieser Stelle konnte jedoch ein größerer Schaden für das
Strangpresswerk erfolgreich vermieden werden und das gesamte Versandlager
gehalten werden. Die rasante Ausbreitung des Brandes erfolgte vor allem über die
Dachkonstruktion aus Holz. Nahe dem Brandgeschehen befand sich auch ein
Sauerstofftank mit einem Volumen von 48.000 Litern flüssigem Sauerstoff.
Sauerstofftan k in
unmittelbarer Nähe zum Brandgeschehen
Da es sich bei
Sauerstoff um einen extrem brandfördernden Stoff handelte wurde aus
Sicherheitsgründen von OBR Helmut Warta bei der Exekutive die Sperre der B 20
sowie die Evakuierung der umliegenden Wohnhäuser, in denen sich ca. 50 Personen
befanden, erwirkt. Auch der Bahnverkehr nach Freiland wurde vorübergehend
eingestellt. Der Brand forderte auch einen Großeinsatz des Roten Kreuzes und des
Arbeiter-Samariterbundes, die ebenfalls für alle Notwendigkeiten gerüstet waren.
In der Zwischenzeit werden immer weitere Kräfte der Feuerwehren alarmiert,
sodass schlussendlich bis zu 370 Feuerwehrmitglieder mit über 70
Einsatzfahrzeugen von 24 Feuerwehren (20 aus dem Bezirk Lilienfeld und 4 aus dem
Bezirk St. Pölten) im Einsatz standen.
Plan von einem
Teil des Standortes. Der rot schraffierte Teil fiel den Flammen zum Opfer. Der
grün schraffierte Teil konnte gerettet werden.Durch Anklicken der Grafik gelangt
man zu einem Detailplan wo auch die Brandausbruchstelle (roter Punkt)
eingezeichnet ist
Von Seiten des Einsatzleiters wurde der Brand aufgrund der Unüberschaubarkeit ?
es standen ca. 7.200 m² in Flammen - in fünf Einsatzabschnitte aufgeteilt. Der
Einsatzabschnitt Produktionshalle Strangpresswerk wurdem Feuerwehrkommandanten
der Betriebsfeuerwehr VA + GF Fittings Traisen Walter Weninger geleitet, der
Abschnitt der traisenseitigen Hallen 2 bis 4 wurde vom
Feuerwehrkommandanten-Stellvertreter der Betriebsfeuerwehr Marktl Franz Spilka,
der dritte Brandabschnitt, die traisenseitigen Hallen 5 bis 7, wurde von Günter
Bichelmaier ebenfalls von der Betriebsfeuerwehr Marktl, der vierte Abschnitt im
Bereich des Schmalbandwerkes an der rückwärtigen Seite wurde vom
Feuerwehrkommandanten der FF Schrambach Oswald Herster und der fünfte Abschnitt
im Bereich der Wärmebehandlungsanlage wurde von Johann Weiß von der BTF Marktl,
geleitet. Durch diese Aufteilung konnte eine Entlastung des Einsatzleiters
herbeigeführt werden um diesen für wichtige Koordinationsaufgaben frei zu
spielen. Bei der Einfahrt zu den beiden Werken wurde ein Lotse installiert, der
die eintreffenden Kräfte je nach den Anforderungen der Einsatzleitung auf die
Traisen- bzw. Bahnseite des Einsatzgeschehens aufteilte. Die Wasserversorgung
erfolgte aus einem Löschwasserbrunnen am Gelände, aus dem Firmennetz, dem
ehemaligen Werkskanal sowie zum größten Teil aus der Traisen.
traisenseitige Ansicht
vom Gegenhang aus fotografiert
Von der
Bezirksverwaltungsbehörde wurde der Einsatz aufgrund der Gefährdung für die
Anrainer und Benutzer der Bundesstraße vom Einsatzbeginn bis 12.30 Uhr zur
Katastrophe erklärt. In dem vom Brand betroffenen Teil war auch noch ein
Walzöltank mit einem Fassungsvermögen von 3.500 Litern untergebracht, der unter
massiven Einsatz von Löschschaum gerettet werden konnte. Der Brand wurde von den
Feuerwehren mit 13 Wasserwerfern, neun B-Strahlrohren, 25 C-Strahlrohren und
sieben Hochdruckstrahlrohren bekämpft, sodass während der Phase des massivsten
Löschangriffes an die 20.000 Liter Löschwasser pro Minute eingebracht
wurden.
Massiver Löschangriff auch von der Rückseite (Bahnseite)
aus
Nur durch diesen massiven Einsatz konnte ein größeres
Unglück verhindert werden. Wegen der massiven Rauchentwicklung mussten die
Feuerwehren bei ihrem Einsatz zumeist unter schwerem Atemschutz vorgehen. Über
200 Atemluftflaschen mussten so wieder von den Atemluftkompressoren aus St.
Pölten und Lilienfeld befüllt werden.
Atemschutztrup p im
Innenangriff
Die Versorgung der eingesetzten Kräfte erfolgte
durch das Rote Kreuz. Fünf Stunden nach Einsatzbeginn konnte so ein Großteil der
angeforderten Kräfte wieder einrücken. Für die weiter noch erforderlichen
Löschmaßnahmen verblieben 11 Einsatzfahrzeuge die Nacht über vor Ort. Am
nächsten Tag um 10.30 Uhr konnte "Brand Aus" gegeben werden. Seitens der
Einsatzleitung angefordert wurde auch eine Wärmebildkamera aus St. Pölten, die
den Einsatzkräften vor allem nachdem die Flammen niedergeschlagen waren das
Aufspüren von Brandherden wesentlich erleichterte.
Atemschutztru pp der
FF St. Pölten-Stadt mit Wärmebildkamera
Da auch von Seiten
der Einsatzleitung strengstes Augenmerkt darauf gelegt wurde, dass die schmalen
Verkehrswege frei gehalten wurden, kam es zu keinerlei Behinderung bei der An-
und Abfahrt der Einsatzfahrzeuge. Seitens des Kommandos der Betriebsfeuerwehr
wurde betont, dass mit einer Ausbreitung des Brandes mit solch einer Rasanz
bisher nicht gerechnet werden konnte. Bezirksfeuerwehrkommandant Oberbrandrat
Helmut Warta hob vor allem den massiven Löscheinsatz hervor, der das Werk vor
noch größerem Schaden bewahrte und sprach der Firmenleitung größtes Lob aus, die
durch einen entsprechenden Informationsfluss wesentlich zu einem zielführenden
Einsatz der Feuerwehren beigetragen hat. Aufgrund der Diszipliniertheit und
besonnenen Vorgehensweise der Feuerwehrmitglieder kam es trotz des gefährlichen
Einsatzes zu keinen nennenswerten Verletzungen. Lediglich drei
Feuerwehrmitglieder erlitten kleinere Verletzungen. Dieser größte Industriebrand
des neuen Jahrtausends in Österreich rief auch bei den Medien ein ungeheures
Interesse hervor. Seitens der Pressestelle des NÖ Landesfeuerwehrverbandes und
des zuständigen Bezirkssachbearbeiters für Öffentlichkeitsarbeit wurden
insgesamt fünf Fernsehteams von ORF, ATV und WN-TV, sechs Radiostationen und
sechs Printmedien mit Zahlen, Daten und Fakten versorgt.
Der
Satellitenkommunikationswagen des ORF strahle drei Live-Einstiege (ZIB 13.00
Uhr, Willkommen Österreich und NÖ heute) aus.
Das
eigentliche Ausmaß des Schadens wurde erst am nächsten Tag ersichtlich:
nZum
Abschluss noch einige Zahlen zum Einsatz der Feuerwehren:
Von 12
Feuerlöschpumpen wurde Wasser aus der Traisen zu den Tanklöschfahrzeugen und den
Strahlrohren gefördert. Dazu waren ca. 4.140 m B-Druckschläuche und ca. 1.280 m
C-Druckschläuche erforderlich. Zur Koordination mussten ca. 135 Funksprechgeräte
eingesetzt werden. Zum Schützen des Walzöltankes mussten 460 Liter Schaummittel
aufgewendet werden, was einer Schaummenge von ca. 11.400 Litern entspricht. Die
Brandbekämpfung erforderte 3.417 Gesamteinsatzstunden der
Feuerwehren.
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